26. Oktober 2023 agvs-upsa.ch – Dachzelte und Fahrzeugequipment für Autos, soweit das Auge reicht – Oliver Hillebrand hat im Zürcher The Valley in Kemptthal, auf dem alten Maggi-Areal, ein Paradies für Overlander, Vanlifer und ­Offroader ­eingerichtet. Noch ist vielen Garagistinnen und ­Garagisten gar nicht bewusst, dass auch für sie in ­diesem Zusatzgeschäft Chancen liegen. Cynthia Mira


Neben den Dachzelten in den unterschiedlichsten Varianten sind im Overland Outfitter-Shop auch Zubehöre und Utensilien zu finden. Auffallend ist auch die Liebe zum Detail bei der gesamten Einrichtung und Präsentation. Fotos: AGVS-Medien

Es ist eine One-Man-Show, die es in sich hat. Der einstige Berufschauffeur Oliver Hillebrand, der in der DDR aufwuchs und später mit Leib und Seele durch sämtliche europäische Länder fuhr, setzt seit wenigen Jahren auf das Nischengeschäft mit Fahrzeugausrüstungen im Individualreisebereich. Hinter seinem Overland Outfitters-Shop im zürcherischen Kemptthal steckt seine Firma All4wd GmbH. Seit letzten Oktober ist er im The Valley mit einem deutlich grösseren Showroom vertreten. Sein Erfolg als Unternehmer lässt sich unter anderem mit Emotionen erklären. «Ich nenne den Ort hier gerne die Transa-Filiale 2.0 mit Streichelzoo-Charakter», sagt er und lacht. Den Kunden sei es wichtig, die Zelte und Zubehöre zu sehen, zu fühlen und auszuprobieren. Er mache dies mit dem Showroom und passendem Ambiente möglich. Schliesslich sei eine Fahrzeugausrüstung eine grössere Investition, die man ungern einfach im Internet tätige. Der 52-Jährige empfiehlt grundsätzlich jeder Garage, eine kleine Ecke im Betrieb einzurichten und ein Fahrzeug mit einem montierten Dachzelt oder zusätzliches Equipment gekonnt in Szene zu setzen. «Ich bin überzeugt, dass sich eine solche Investition in jedem Fall lohnt», sagt er. «Schon nur deshalb, weil die Marge beim Verkauf, zum Beispiel eines Dachzeltes, Fahrwerks oder Dachträgers um ein Vielfaches höher ist als beispielsweise beim Verkauf einer Fussmatte.» Zudem sei der Zeltverkauf öfters erst der Anfang einer langen Kette von attraktiven Zusatzgeschäften. «Man kann beispielsweise die Montage auf das Fahrzeug gleich dazu offerieren und weitere tolle und nützliche Produkte anbieten.» Er denke da etwa an Scheinwerfer. Ein Know-how in diesem Bereich diene auch der Kundenbindung. Das grösste Bedürfnis der Kunden in seinem Business fasst der Experte wie folgt zusammen: Individualität. Das könne man mit wenig Aufwand bieten.

Ein schwieriger Start mit Happy End
Der Schritt in diese hundertprozentige Selbstständigkeit mit der ersten Firma Gränzelos GmbH sah für den gebürtigen Berliner 2019 zuerst noch alles andere als rosig aus. Denn just nach der Neuausrichtung in die 4×4 Reisebranche kam die Coronapandemie. «Das Team, die Reisen, die Autos, alles war da, und dann kam der Lockdown.» Keine einfache Zeit sei das gewesen, aber dafür sei bei ihm die Nachfrage für das Mieten grosser Camper und Dachzelte nahezu explodiert. «Ich bin ja sattelfest in der Logistik, aber da kam ich tatsächlich an meine Grenzen», schildert er die Monate des Ausnahmezustandes. Die Eröffnung des Shops und die Gründung der zweiten Firma, eben der All4wd GmbH, sei später die logische Schlussfolgerung dieser Nachfrage gewesen. Sein Unternehmen Gränzelos ist weiterhin im 4×4-Reise- und Kursbereich positioniert. 


Vom Lastwagenchauffeur zum Unternehmer: «Ich habe das Reisen geliebt und immer nur Gutes transportiert, Schokolade und Wein zum Beispiel.» Heute gibt Oliver Hillebrand sein Wissen über das Reisen auf eine etwas andere Art an seine Kunden weiter. 

Die Konkurrenz gekonnt umgehen
Mit dem Resultat sei er mehr als zufrieden. Innert Kürze wurde er Generalimporteur der Marke Vickywood aus Deutschland und Strands Lightning Division aus Schweden. Der Geschmack der Kunden sei hier mit Automarken vergleichbar. «Es gibt Leute, die schwören auf diese Marke, und andere, die sich auf eine andere Seite stellen.» Er kenne die Vor- und Nachteile mehrerer Marken aus dem Effeff und biete auch Produkteschulungen an. Schliesslich sei es wichtig, die Kundschaft in jedem Fall professionell zu beraten. Bewusst verzichten tue er einzig auf den Verkauf kleinerer Utensilien wie etwa Campinggeschirr. «Was will ich mich mit Plattformen wie Galaxus konkurrenzieren?», lautet seine rhetorische Frage dazu. Der Vermietung von Fahrzeugen und Zelten hingegen ist er treu geblieben. «Wenn man aber als Garage in dieses Geschäft einsteigen will, dann ist eine gute Kalkulation zwingend. Die Kundschaft geht mit den Dingen nicht immer so um, wie man sich das vorstellt», gibt er hier als Rat mit auf den Weg. 


Gerade das, was nach einem Fahrzeugverkauf mit einem Dachzelt oder Zubehör folgt, kann für das Business und die Kundenbindung interessant sein.

Unterwegs sein ist mehr als ein Hobby
Abenteuerlich lässt sich auch sein Werdegang zusammenfassen, der ihn in die Selbstständigkeit führte. So fuhr er bereits mit 18 Jahren die ersten 40-Tönner. Später holte er das Abitur nach und bildete sich zum Grafikdesigner weiter. Nach beruflichen Zwischenstopps in Fünf-Sterne-Hotels kehrte er ins Logistikgewerbe zurück. Das Reisen in ferne Länder habe er schon immer geliebt. Er wechselte mehrfach den Wohnort und war in Österreich, England und Holland zuhause. 2007 schliesslich kam er zur Firma Transfood AG in Frauenfeld in die Schweiz. Er arbeitete weiterhin als Chauffeur, bevor er schliesslich etwas Neues ausprobieren wollte und ins Büro wechselte. Er liess sich zum Disponenten an der STFW weiterbilden und war fünf Jahre für die Genossenschaften der Migros als Prozessverantwortlicher Logistik Transport am Start. Neben all diesen Stationen baute er sich ein weiteres Standbein auf, das – zunächst, seit 2012, als Hobby gedacht – ebenfalls kontinuierlich an Fahrt aufnahm. So bietet er mit der Gränzelos GmbH seit vielen Jahren Fahrkurse für Personen- und Lastwagen für einen sicheren Umgang im schwierigen Gelände an. Immer mit dabei: seine Hündin Stella. 


Oliver Hillebrand hat seinen Shop im Zürcher The Valley in Kemptthal, auf dem alten Maggi-Areal, eröffnet.