So funktioniert Nachfolge

F. + Ch. Müller AG

So funktioniert Nachfolge

22. Dezember 2023 agvs-upsa.ch – Christian Müller gelingt die ideale Nachfolgeregelung für seinen Betrieb im Zürcher Unterland. Die Kinder übernehmen die AG und aus dem Betrieb heraus erwuchs ein geeigneter Geschäftsführer. Der Präsident der AGVS-Sektion Zürich gibt sein Erfolgsrezept preis. Sascha Rhyner

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Verstehen sich ausgezeichnet: Vater Christian Müller (links) und Tochter Alexandra mit Geschäftsführer Carlo Sulzer.

Samstagvormittag, Ortstermin in Steinmaur ZH, genauer gesagt im Ortsteil Sünikon, direkt an der Hauptstrasse 17 zwischen Dielsdorf und Schöfflisdorf. Es ist direkt zu spüren, dass sich Christian Müller, Carlo Sulzer und Alexandra Müller gut verstehen. Sulzer ist der Geschäftsführer des Betriebs, und Alexandra Müller will dereinst mit ihrer Schwester Ramona die Aktiengesellschaft in der dritten Generation führen.

Dass die Nachfolgeregelung so geklappt hat, erklärt Christian Müller auf einfache Weise: «Man muss schon an die Nachfolge denken, wenn man das Geschäft aufbaut. Das habe ich konsequent verfolgt.» Er habe sich immer gesagt, er wolle alles so aufbauen, dass er mit 50 Jahren aufhören könnte. «Der Betrieb ist so organisiert, dass es im operativen Bereich auch ohne mich geht», so Müller weiter. «Es war mir schon klar, dass ich nicht mit 50 Jahren aufhören werde, dennoch war es mir wichtig, dies so konsequent umzusetzen. » Dies habe ihm auch erlaubt, sich bereits früh aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Dafür hat Christian Müller für andere Mandate Zeit; für die FDP sitzt der 58-Jährige seit 2015 im Zürcher Kantonsrat.

Loslassen – mit allen Konsequenzen
Geholfen haben ihm dabei die eigenen Erfahrungen. Er stieg 1986 in den Betrieb ein, die Garage Wehntal, den sein Vater Fritz anno 1965 gegründet hatte und der 1994 zur Aktiengesellschaft wurde. «Wir waren vier Kinder, davon drei Söhne», erzählt Müller. Ein gewisser Druck, den Garagenbetrieb dereinst zu übernehmen, sei durchaus spürbar gewesen. Das habe ihn gelehrt, dass man loslassen müsse – mit allen Konsequenzen. «Was man unbedingt verhindern muss: Der Prozess darf nicht zu lange dauern. Wenn man sich erst mit 70 Jahren darum kümmert, fehlt vielleicht auch der Pfupf, um Veränderungen mitzumachen », so der Ratschlag Müllers. Er ist überzeugt: «Wenn man die operative Leitung bis 70 in den eigenen Händen hält und dann verkaufen möchte, ist das nicht zielführend.»

Diskussionen um das Thema Nachfolge hätten er und seine Frau Regula in der Erziehung bewusst nie geführt. «Das wollte ich unbedingt vermeiden», sagt Müller und schiebt nach: «Mit zwei Töchtern fiel das vielleicht auch ein bisschen einfacher.» Wichtig sei gewesen, dass Alexandra und Ramona Ausbildungen absolvieren, die ihnen Spass machen. «Die ältere Tochter, Ramona, liess sich zur Innenarchitektin ausbilden», erzählt Christian Müller. «Alexandra ist ein Zahlenmensch und macht in St. Gallen ein Betriebswirtschaftsstudium.»

Der Kniff mit der Liegenschaft
Die Konsequenz für Christian Müller: Den Betrieb so aufstellen und organisieren, dass es keine Rolle spielt, ob jemand aus der Familie den Betrieb weiterführt oder eine externe Person einsteigt. «Dies hat zur Folge, dass der Betrieb schlank gehalten werden muss», sagt er. «Wir haben aus diesem Grund die Liegenschaft aus der AG genommen und in Privatbesitz überführt. Das kostet zwar im ersten Moment Geld, war aber im Prozess ein zentraler Punkt.» Zwar erschwere dies einen eventuellen Verkauf an einen grösseren Käufer, der die Liegenschaft ebenfalls gerne erwerben würde. «Aber für einen einzelnen, jüngeren Käufer wäre es fast unmöglich, die Firma zu kaufen, ohne sich finanziell zu übernehmen», sagt Müller. Die AG sei so schon «schwer» genug mit der Infrastruktur und den Investitionsgütern – inklusive der Autos. So habe er die grösstmögliche Flexibilität.
 

«Es funktioniert nicht, wenn man seine Pension mit dem Verkauf des Betriebs sichern will.»

Christian Müller, Präsident der AGVS-Sektion Zürich

Gleichzeitig ermöglichte die Herauslösung der Liegenschaft, einem Geschäftsführer die operative Leitung zu übertragen. «Als Verwaltungsrat bin ich in die strategischen Diskussionen und in die Budgetkontrolle involviert, aber sowohl Personalplanung wie die Verantwortung fürs operative Geschäft liegt im Rahmen der Budgetplanung beim Geschäftsführer.»

Ebenso wichtig wie eine reibungslose Übernahme des Geschäfts ist die eigene Vorsorge. «Die Vorsorgeplanung muss seriös gemacht werden», erklärt Müller. Das heisst: Sich selbst in der aktiven Zeit ein gutes Salär ausbezahlen und Pensionskasse und 3. Säule nicht vernachlässigen. «Man muss Kapital aufbauen, um den Unterhalt im Alter sicherzustellen, ohne dass das Geschäft gut verkauft werden muss», rät er weiter. Oft sei nämlich der Erlös aus dem Verkauf nicht dort, wo man dies selbst erwarte. «Es funktioniert nicht, wenn man seine Pension mit dem Verkauf des Betriebs sichern will», hält er klar fest.

Information in der Sektion
Dank der umsichtigen und weitsichtigen Planung musste Christian Müller für die Geschäftsübergabe auch keine teuren Berater und Juristen involvieren. «Ich bin in Verbänden aktiv, in denen dieses Thema immer wieder aufgegriffen wird», sagt Müller. Auch die AGVS-Sektion Zürich, die er präsidiert, organisiert in regelmässigen Abständen Referate zu Nachfolgeregelung. «Was ich da hörte, hat mich bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin», so Müller weiter. Experten zog die Familie Müller indes für die privaten Nachlassregelungen zu. «Auch hier war mein Ziel, dies nicht erst mit 65 oder 70 Jahren zu regeln», sagt er. «Wir haben nun die Familienfragen alle gelöst und überschreiben sukzessive alles auf unsere Töchter.» Dies sei zu einem Teil bereits passiert. «Auch das braucht Vertrauen, dass sie richtig damit umgehen.»

Aktiv involvierte Christian Müller die beiden Töchter letztes Jahr, als es um die Suche nach einem neuen Geschäftsführer ging. «Es stellte sich nun die Frage, was wir suchen müssen: Jemand, der nur die operative Leitung innehaben wird, oder jemand, der finanziell einsteigt », schildert er die Ausgangslage. Zu seiner Überraschung hätten sich Alexandra und Ramona bereits viele Gedanken gemacht und ihr Votum war klar: Sie wollen die Firma weiter betreiben. «Vor allem Alexandra will sich tiefer ins Autobusiness einarbeiten», erzählt Christian Müller.

Die Tochter lacht, als sie dies hört. Schon mit ihrer Maturaarbeit hatte sie sich in die Thematik vertieft. «Autohäuser als starke Marken» lautete der Titel der Arbeit, die sie unter anderem auch am «Tag der Schweizer Garagen» 2022 präsentierte. «Das Thema war seit meiner Kindheit präsent und als Teenager hatte ich mir durchaus überlegt, Automobil-Mechatronikerin zu werden», erinnert sich Alexandra Müller. Sie habe dann aber eine andere Richtung eingeschlagen. «Aber wir Töchter haben uns natürlich immer wieder ausgetauscht. Es ist uns immer etwas daran gelegen, was aus dem Unternehmen wird», sagt wie weiter. Die Einarbeitung erfolgt nun parallel zum Studium an der HSG – zumeist in den Semesterferien. «Es braucht sicher noch etwas Zeit und so lange werden wir unsere Töchter auch unterstützen und für sie da sein», verspricht Christian Müller.

Unterschiedliche Perspektiven
Und auch wenn Alexandra Müller sich vermehrt mit der Autobranche auseinandersetzt, für Vater Christian ist es nicht Gesetz, dass der Betrieb auch in Zukunft Autohandel und Autowerkstatt umfasst. «Wir erleben heute Veränderungen wie das Agenturmodell oder die Grösse von Showräumen, die so nicht vorhersehbar waren, deshalb ist es so wichtig, dass man sich die Flexibilität erhält», sagt er. «Man muss loslassen können und nicht stur daran festhalten, dass dies auch in 100 Jahren noch eine Autogarage sein muss.» Man müsse jemandem zutrauen, den eigenen Weg zu gehen, und vertrauen, dass es funktionieren kann. «Es steht unserer Generation nicht an, der Generation Z zu sagen, wie dies oder jenes zu funktionieren hat», ist er überzeugt. «Auch die jungen Menschen haben Ideen, wie es weitergehen kann, und kommen mit neuen Geschäftsmodellen», sagt er weiter. «Was für uns ein Problem ist, ist unter Umständen für die Jugend nicht einmal ein Thema.»

Weitere Infos unter: garagewehntal.ch
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